Autor: Markus Frutig, Inoveris/ Dipl. Ing. ETH Antonio Hernàndez, Verantwortlicher für Verkauf und Verfahrenstechnik,
Mecana Umwelttechnik GmbH

«Jedes Wässerchen ist verschieden»

Auf der «AQUA Suisse», der führenden Schweizer Fachmesse für kommunales und industrielles Wassermanagement, erleben die Besuchenden von 25. bis 26. Oktober 2023 in Zürich die neuesten Produkte und Lösungen rund um Wasserversorgung, Wasseraufbereitung, Abwasser- sowie Prozesswasserbehandlung. Seit 1964 begleitet das Team der Mecana Umwelttechnik GmbH aus 8864 Reichenburg (SZ) Wasserspezialisten von der Projektidee bis zur Inbetriebnahme rund um die Wasser- und Abwasseraufbereitung. Im Trendinterview sprechen wir mit Dipl.-Ing.-ETH Antonio Hernández, verantwortlich für Verkauf und Verfahrenstechnik.

Herr Hernández, wie hat sich das neue Gewässerschutzgesetz, das Anfang 2016 in der Schweiz in Kraft getreten ist, auf die Wasser- und Abwasseraufbereitung ausgewirkt?
Antonio Hernández:
Das neue Gewässerschutzgesetz hat in Bezug auf Ausbau, Neubau und Zusammenschliessen von Abwasserreinigungsanlagen starken Einfluss. Kläranlagen werden – je nach Grösse und Vorfluter – mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet, was sich nicht nur direkt auf diese vierte Stufe auswirkt. Wenn eine Kläranlage umgerüstet wird, sollen auch andere Faktoren berücksichtigt werden, zum Beispiel sollen der Strombedarf oder die Stickstoffbehandlung weiter optimiert werden.

 

Welche Vor- und Nachteile ergeben sich konkret für die Gemeinden?
Der Ausbau kommt eindeutig der Umwelt zugute. Das liegt auf der Hand, denn die Schweiz ist ein Wasserschloss, und wir alle müssen sorgsam mit der Ressource Wasser umgehen. Es ist klar, dass die Gemeinden einen gewissen Beitrag leisten müssen, auch wenn der Bund bereits 75 Prozent der Investitionskosten übernimmt. Der Beitrag, den die Gemeinden leisten müssen, ist aber zum grössten Teil schon durch die Abgaben vorfinanziert. Für die Natur und für uns Menschen ist das ein grosses Plus, Mikroverunreinigungen haben schon in sehr geringen Konzentrationen einen negativen Einfluss auf das Ökosystem und können auch ins Trinkwasser gelangen. Insofern ist das jetzt ein Schritt, den man gehen muss, um eine gewisse Qualität der Gewässer zu gewährleisten.

 

Welche Möglichkeiten gibt es, bestehende Kläranlagen zu erweitern, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden? Was bedeutet das für die Betreiber?
Das hängt von der jeweiligen Situation ab. Ursprünglich wollte man kleinere Kläranlagen zusammenlegen, um nur grössere Anlagen mit der vierten Reinigungsstufe ausbauen zu müssen. Aber man hat gemerkt, dass das Zusammenlegen gar nicht so einfach ist, weil die Entfernungen sehr gross sein können und dadurch höhere Kosten entstehen. Nun werden auch kleinere Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe oder mit einer optimierten Reinigungsleistung ausgestattet. Aber es werden natürlich auch Anlagen zusammengelegt.

Es liegt in der Hand, dass die Investitionskosten proportional zu den angeschlossenen Einwohnern sind. Zudem erschweren in der Schweiz manchmal die geografischen Gegebenheiten einen Ausbau, wenn die Kläranlage etwa mitten in einer Stadt oder an einem Flussarm liegt. Die Reinigungsleistung kann aber nicht nur durch eine Erweiterung optimiert werden, sondern auch durch eine

 

Optimierung der bestehenden Anlage, indem man zum Beispiel die Belüftungsphasen anpasst. Der Ausbau einer Kläranlage bedeutet für die Betreiber einen gewissen Mehraufwand, der massgeblich vom Verfahren abhängig ist.

 

Kann der Zusammenschluss bestehender Kläranlagen zur Effizienzsteigerung und Kostenoptimierung beitragen? Wo liegen die besonderen Herausforderungen?
Ja, auf jeden Fall. Das Zusammenschliessen von Kläranlagen ermöglicht es in der Regel, die Betriebskosten zu senken. Dabei muss aber auch beachtet werden, dass der Zusammenschluss durch geografische Gegebenheiten unwirtschaftlich sein kann. In der Regel wird vorab eine Variantenanalyse dazu durchgeführt. Hinzu kommt die politische Frage, wenn Gemeinden, die seit Jahrzehnten eine Kläranlage betreiben, möglicherweise kein Interesse daran haben, ihre Kläranlage mit einer anderen zusammenzulegen, was eine weitere Herausforderung darstellen kann.

 

Können Sie uns einen kurzen Überblick über die verschiedenen Reinigungsstufen in einer Kläranlage geben?
Stand der Technik ist heute sicherlich die mechanische Reinigung als erste Stufe, wobei die Grobstoffe mit einem Rechen abgetrennt werden. Dann geht das Abwasser über einen Sand- und Fettfang, anschliessend über ein Sedimentationsbecken, wo die Feinstoffe sedimentieren und so aus dem System entfernt werden. Nachgeschaltet ist die biologische Stufe – die Biologie. Das ist die Hauptstufe, in der die Nährstoffe von Mikroorganismen (vor allem Bakterien) mithilfe einer Belüftung oxidiert werden; dabei assimilieren die Mikroorganismen die Nährstoffe im Abwasser und vermehren sich. Danach geht das Abwasser über ein Nachklärbecken, wo sich die Mikroorganismen absetzen. Manchmal ist dem Nachklärbecken noch eine Filtration nachgeschaltet. Bei einer Kläranlage mit vierter Reinigungsstufe werden noch die Spurenstoffe vom Abwasserstrom eliminiert. Dies geschieht entweder durch Oxidation mit Ozon oder durch Sorption mit Aktivkohle.

 

Phosphor ist ein wichtiger, aber schwindender Rohstoff in der Düngemittelwirtschaft. Kann man chemisch gefällten Phosphor auch wieder nutzen?

 

Ja, den kann man wiederverwenden. Zurzeit sind noch aufwendige chemische Prozesse damit verbunden, aber die Technologien etablieren sich. Die Kläranlage soll in Zukunft eine Wasserwiederaufbereitungsanlage sein, wobei die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor wiederverwertet werden.

 

Welche Vorteile bietet die Einführung einer vierten Reinigungsstufe bei kommunalen Kläranlagen zur Spurenstoffelimination?
Das dient der Sicherung der ökologischen Integrität. Man weiss, dass auch ganz kleine Mengen von Spurenstoffen sehr schlimme Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Verschiedene Spurenstoffe haben verschiedene Wirkungen auf Flora und Fauna. Die Spurenstoffe stellen ein Risiko für die ökologische Integrität der Gewässer dar. Durch die Einführung einer vierten Reinigungsstufe bei den Kläranlagen wird der Eintrag der Spurenstoffe in die Umwelt reduziert. Da müssen wir ansetzen! Als Menschen sind wir nicht nur von der ökologischen Situation der Gewässer abhängig, sondern auch für sie verantwortlich.

 

Reifenabrieb und Mikroplastik sind zunehmend relevante Umweltprobleme. Wie kann Mecana dazu beitragen, diese Probleme zu lösen?
Auf Kläranlagen wird über die Schlammschiene der Grossteil des Mikroplastiks abgetrennt. Da kann ein nachgeschalteter Mecana-Tuchfilter zusätzlich noch ca. 90 Prozent des restlichen Plastiks im Abwasser zurückhalten, um eine Rückhaltung über die Gesamtkläranlage von 99,9 Prozent zu gewährleisten. Der wichtigste Eintragspfad von Kunststoff in die Umwelt kommt in Europa vom Reifenabrieb. In diesem Bereich haben wir einige Anlagen in der Schweiz gebaut, die den Reifenabrieb vom Regenwasser abtrennen, bevor dieses in den Vorfluter gelangt. Der Reifenabrieb wird dann eingedickt, getrocknet und oft in der Zementindustrie wiederverwendet.  

 

Spurenstoffe aus Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden und anderen Chemikalien stellen eine grosse Herausforderung dar. Welche Lösungen bietet die Mecana Umwelttechnik GmbH, um diese zu reinigen?


Es gibt verschiedene Verfahren, um die Spurenstoffe zu eliminieren. Bei der Aktivkohle (adsorptives Verfahren) unterscheidet man zwischen Pulveraktivkohle, granulierter Aktivkohle (Aktivkohlefilter) und Aktivkohle im Schwebebett. Die Mecana Umwelttechnik GmbH bietet mit ihren Polstofffiltern ein kompaktes und kostengünstiges Verfahren an, um die Pulveraktivkohle nach der Dosierung abzuscheiden. Bei den Aktivkohlefiltern kann der Polstofffilter den Betrieb der Aktivkohlefilter verbessern und deren Lebenszeit verlängern, indem die Mecana-Polstofffilter vor die Aktivkohlefilter geschaltet werden, wodurch die Feststofffracht auf die Aktivkohlefilter reduziert wird.

Bei den Verfahren mit Aktivkohle im Schwebebett können Schwebstoffe problematisch für das Verfahren sein; somit kann deren sicherer Betrieb mit Polstofffiltern gewährleistet werden. Der Austrag von Aktivkohle aus dem Schwebebett in den Vorfluter kann zusätzlich mit einem nachgeschalteten Polstofffilter verhindert werden.

Beim oxidativen Verfahren mit Ozon für die Spurenstoffentfernung sind Feststoffe im Abwasser unerwünscht, denn diese zehren das Ozon; dabei muss eine höhere Ozondosis gefahren werden, um die Spurenstoffe zu eliminieren. Mit den Polstofffitlern kann diese unerwünschte Zehrung verringert werden, indem die Feststoffe vor Durchlauf der Ozonung zurückgehalten werden. Damit kann Strom gespart und zusätzlich die mögliche Produktion von toxischen Oxidationsnebenprodukten verringert werden.

 

Welche Kosten und Herausforderungen sind mit der Umsetzung fortschrittlicher Wasseraufbereitungsverfahren verbunden?
Jedes Wässerchen ist verschieden. Auch die externen Gegebenheiten unterscheiden sich von Anlage zu Anlage. Da gilt es, für jede Anlage eine optimale,

 

massgeschneiderte Lösung zu finden. Dabei sollen verschiedene Varianten miteinander verglichen werden, sodass die Bestvariante ausgeführt werden kann. Die Betreiber sollen aktiv in die Einfahrtphase miteingebunden werden, damit sie das Verfahren von Grund auf verstehen und den Betrieb fortlaufend optimieren können. Die Investitionskosten sind stark vom Verfahren und von der Grösse (angeschlossene Einwohnergleichwerte) abhängig.

Die Betriebskosten nehmen in der Regel mit Zunahme der angeschlossenen Einwohnergleichwerte ab (Kosten pro EW), wobei Schwankungen des Strompreises oder der Verschleiss- und Verbrauchsmittel die Betriebskosten stark beeinflussen können.

 

Was sind die Highlights Ihres Unternehmens, die Sie den Besuchern der «AQUA Suisse» präsentieren werden?
Dank unserer profilierten Absauglippe können wir die effektive Filtrationsfläche vergrössern und so höhere Feststoffbelastungen über unsere Filter fahren. Zusätzlich haben wir eine kompaktere Bauform entwickelt, um platzsparend das (Ab-)Wasser reinigen zu können. Einige neue Leuchtturmprojekte in der Schweiz werden das Ganze noch abrunden.

 

Was bedeutet für Sie die Synergie mit «Pumps & Valves», der neuen Wasserstoff-Fachmesse «flow» und der «maintenance Schweiz»?
Die Synergie ermöglicht es, uns sowohl mit unseren Lieferanten als auch mit unseren Kunden über die neuesten Trends und Produkte, Herausforderungen und die Zukunft auszutauschen.

 

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, an der «AQUA Suisse» 2023 teilzunehmen?
Die Abwassertechnik entwickelt sich immer weiter und wird immer weiter optimiert. Durch den Austausch auf der Messe kommen neue Ideen und Möglichkeiten auf, und alle Teilnehmenden können dank Neuentwicklungen und Kontaktpflege auch auf dem neuesten Stand der Technik bleiben.

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